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Neue Rechtsprechung

BGH: Welche Belege muss Vonovia zur Einsicht vorlegen?

Der Bundesgerichtshof hatte in den Verfahren VIII ZR 102/21 (zu Hausreinigungskosten der Vonovia Wohnumfeld Service GmbH) und VIII ZR 114/21 (zu Hauswartkosten der Vonovia Immobilienservice GmbH) zu beurteilen, welche Belege Vonovia vorlegen muss, wenn Betriebskostenleistungen abgerechnet werden sollen, mit denen eine rechtlich selbständige Tochtergesellschaft der Vonovia beauftragt wurde. Das Gericht differenziert danach, was in dem Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Vonovia und der Tochtergesellschaft vereinbart wurde.

 

  1. Ist dort vereinbart, dass die Tochtergesellschaft die Erstattung ihrer Kosten (ohne Gewinn) verlangen kann, müssen Mieter:innen sich nicht ohne Weiteres mit der Rechnung der Tochtergesellschaft gegenüber der Vonovia begnügen. Sie können, wenn die Tochtergesellschaft ihrerseits einen Subunternehmer eingeschaltet hat, verlangen, dass ihnen auch die Rechnung des Subunternehmers an die Tochtergesellschaft vorgelegt wird, damit sie die von der Tochtergesellschaft in Rechnung gestellten Kosten prüfen können.
      
  2. Ist dagegen vereinbart, dass die Tochtergesellschaft eine Vergütung (inklusive Gewinn) verlangen kann, gehen die Karlsruher Richter davon aus, dass Mieter:innen allein die Rechnung der Tochtergesellschaft an die Vonovia einsehen können. Denn die Tochtergesellschaft dürfe als rechtlich selbständiges und nicht von der Vonovia abhängiges Unternehmen auch ihren Gewinn abrechnen und die Vonovia diesen im Rahmen der Betriebskosten auf den Mieter umlegen. Der Mieter sei ausreichend durch das Wirtschaftlichkeitsgebot geschützt, wonach die Preise der Tochtergesellschaft sich an den marktüblichen Preisen für die Dienstleistungen orientieren müssten. Um diesen Marktvergleich anzustellen, benötige der Mieter keine Einsicht in die Geschäftsbeziehung zwischen der Tochtergesellschaft und ihren Subunternehmern, sondern reiche die Rechnung der Tochtergesellschaft an die Vonovia.

Aus Sicht des Deutschen Mieterbundes ist zwar begrüßenswert, dass der BGH für die Fälle zu 1. klargestellt hat, dass Mieter:innen sich nicht mit den Rechnungsbelegen der Tochtergesellschaft begnügen müssen, wenn zwischen der Vonovia und der Tochtergesellschaft eine reine Kostenerstattung vereinbart ist.  Hinsichtlich der Fälle zu 2. ist dagegen zu kritisieren, dass der BGH der Vonovia so ermöglicht, durch die Einschaltung von Tochtergesellschaften mit den Betriebskosten etwaige Gewinne auf Kosten von Mieterinnen und Mietern zu schöpfen. Die Prämisse des BGH, es komme nur darauf an, ob die Preise der Tochtergesellschaft marktüblich seien, ist aus Sicht des Mieterbundes problematisch. Denn sie schafft nicht nur für Vonovia, sondern auch für andere Wohnungsunternehmen einen Anreiz dafür, dass Tochtergesellschaften durch Kosteneinsparungen die Rendite bei ihren Dienstleistungen steigern statt ihre Leistungen preiswerter anzubieten und zu einer Senkung der Betriebskosten beizutragen. Damit wird die Chance versäumt, Wohnkostenbelastungen der Mieterinnen und Mieter zu reduzieren. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass ab einem bestimmten Marktanteil eines Wohnungsunternehmens der Marktpreis kein Korrektiv für die Preise einer von ihm eingeschalteten Tochtergesellschaft mehr ist, sondern im Gegenteil deren Preise den Markt bestimmen.

Der BGH betont, die Tochtergesellschaften der Vonovia seien rechtlich selbständig und unabhängig. Damit werden die wirtschaftlichen Verflechtungen unseres Erachtens jedoch nicht hinreichend gewürdigt.  Es bleibt zu hoffen, dass die Gerichte die Fälle zu 2. anders entscheiden und eine Gewinnabschöpfung bei den Betriebskosten durch die Einschaltung von Tochtergesellschaften nicht akzeptieren werden, wenn dieser Gesichtspunkt in gerichtlichen Verfahren vertieft behandelt wird.